Was ist Zöliakie?
In möglichst einfachen Worten versuchen wir das Thema zu erklären
Zöliakie nennt sich eine immunologische Erkrankung des Dünndarms. Das Eiweiß Gluten, das zum Beispiel in Dinkel, Gerste, Roggen, Weizen und anderen Getreidearten zu finden ist, löst dabei eine Überreaktion des Immunsystems aus. Antikörper werden gebildet, die die Zellen des Dünndarms angreifen. Dabei kommt es zu einer Entzündung der Darmschleimhaut und einer Rückbildung der Darmzotten, lebenswichtige Nährstoffe können nicht mehr vom Körper aufgenommen werden. Die Betroffenen leiden als Folge unter anderem unter:
Einige Krankheitszeichen können möglicherweise aber auch durch entzündliche Prozesse an den Organen und Strukturen außerhalb des Darmes entstehen, die nicht in Zusammenhang mit den Nährstoffdefiziten stehen. Deren Entstehung ist bislang noch nicht vollständig geklärt. Doch nicht bei allen Betroffenen treten spürbare oder offensichtliche Symptome in Erscheinung. Viele haben untypische, manche sogar keine Symptome. Letzteres sorgt dafür, dass viele nichts von ihrer Erkrankung ahnen. Selbst bei einer normalen Blutuntersuchung finden sich zum Beispiel nur von der Norm abweichende Werte. Es gibt Betroffene, deren erhöhten Leberwerten lange Zeit keine Ursache zugeordnet werden konnte oder Patienten, deren jahrelanger Eisenmangel erst viel später als ein Symptom einer vorliegenden Zöliakieerkrankung identifiziert wurde. Die unterschiedlichen Symptome sind auch der Grund dafür, dass Zöliakie von Ärzten sehr schwer erkannt wird. Zöliakie wird oft auch als “Chamäleon Krankheit” bezeichnet, weil oftmals Symptome auftreten, die erst einmal nicht mit der Ernährung und direkten Reaktionen darauf in Verbindung gebracht werden. So können auch Migräne, Depressionen, Gelenkschmerzen usw. eine Reaktion von Zöliakieerkrankten auf Gluten sein. Sollten oben genannte Beschwerden oder langanhaltende Symptome mit bisher ungeklärter Ursache, oder ein Teil davon länger als vier Wochen vorliegen, dann sollte man sich an den Hausarzt wenden bzw. an den Kinderarzt bei Kindern. Beide können an einen Gastroenterologen oder an eine spezialisierte Klink überweisen.
Einen ersten Anhaltspunkt bekommt man durch den Antikörpernachweis über eine Blutuntersuchung. Finden sich Autoantikörper gegen das Enzym Gewebetransglutaminase (tTG-IgA) im Blut ist die Wahrscheinlichkeit für Zöliakie gegeben. Das Enzym lässt sich bei über 90% der Menschen mit aktiver Zöliakie nachweisen. Einen ähnlichen Aussagewert haben auch Antikörper gegen Endomysium (EMA-IgA). Wenn ein IgA-Mangel vorliegt, kann auch eine Bestimmung der Antikörper gegen den Glutenbaustein Gliadin eine erste Aussage sein.
Voraussetzung für den Nachweis ist, dass NICHT über viele Monate glutenfrei gegessen wurde.
Für eine gesicherte Diagnose ist eine ausreichende Zufuhr von mindestens 15g Gluten pro Tag über mindestens 12 Wochen empfohlen. Eine vorliegende Zöliakie ist sonst nur schwer bis gar nicht nachweisbar.
Wenn Antikörper nachgewiesen wurden, dann folgt im nächsten Schritt die Entnahme von Proben von der Dünndarmschleimhaut. Dazu wird mit einem Endoskop eine sogenannte Biopsie durchgeführt. Unter einem Mikroskop werden die Proben auf zöliakietypische Veränderungen untersucht.
Unter bestimmten Umständen kann besonders bei Kindern auf eine Biopsie, der Entnahme von Proben, verzichtet werden, wenn
Über den letzten Punkt kann man diskutieren, denn damit ist zum Beispiel eine einfache Weizen-Allergie nicht ausgeschlossen und man schränkt sich dadurch mehr ein als notwendig!
Selbsttests aus dem Internet und oder Apotheken bzw. Drogerien können KEINE Zöliakie Diagnose feststellen. Wer wissen will, ob Zöliakie vorliegt, sollte einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.
Das Gewebe, das bei der Biopsie entnommen wird, wird nach den so genannten Marsh-Kriterien eingeteilt:
Bislang kann Zöliakie nicht geheilt werden! Der einzige Weg beschwerdefrei zu leben ist eine strikte glutenfreie Ernährung. Auch wenn man zu den Menschen gehört, die keine oder nur wenig Beschwerden haben, sollte man sich konsequent an die Diät halten.
Der Grund dafür ist, dass bei jedem Kontakt mit Gluten die Darmschleimhaut geschädigt wird. Selbst wenn man selbst nichts davon merkt! Es ist logisch, dass bei einer dauerhaften Entzündung im Körper das Risiko für verschiedene Krankheiten, zum Beispiel Darmkrebs, steigt. Ebenso wird durch permanente Angriffe auf das Immunsystem der Ausbruch weiterer Autoimmunkrankheiten begünstigt. Eine häufige Kombination ist zum Beispiel Hashimoto und Zöliakie.
Nur mal so zum Überlegen: In sehr kleinen, einzelnen Dosen ist Arsen nicht „gefährlich“. Keiner von uns käme aber auf die Idee es zu probieren, da wir uns vor evtl. Folgeschäden fürchten. Warum? Weil wissen, dass es nicht gut ist! Genau das muss man in den Kopf bekommen. Gluten ist nicht gut bei Zöliakie! Auch dann nicht, wenn man nichts bemerkt!
Neben der Zöliakie gibt es noch weitere Reaktionen auf Gluten, denen keine Autoimmunkrankheit zugrunde liegt. Die sogenannte Glutensensitivität verursacht zöliakieähnliche Beschwerden, wie beispielsweise Bauchschmerzen, Durchfall etc, ohne jedoch Darmentzündungen oder Autoimmunreaktionen hervorzurufen. Vereinfacht gesagt, regiert der Körper zwar mit teilweise sehr unangenehmen und schmerzhaften Symptomen, es wird jedoch keine Darmentzündung hervorgerufen, die Spätfolgen verursachen kann.
Diese Art der Glutenunverträglichkeit kann weder durch eine Blutuntersuchung noch durch eine Dünndarmbiopsie diagnostiziert werden. Die Diagnostik erfolgt über das Ausschlussverfahren, zum Beispiel durch Führen eines Ernährungstagebuchs über einen längeren Zeitraum. Zuvor sollte aber eine Zöliakie unbedingt durch eine vollständige Untersuchung von einem Facharzt ausgeschlossen werden.
Am Ende des Textes habt ihr die Möglichkeit die unteren Infos komplett oder als einzelne Kapitel herunterzuladen
Was darf ich jetzt noch essen?
Die gute Nachricht, viel mehr als man glauben möchte!
“Jetzt ist das schöne Leben vorbei!” Dieser Satz schießt den meisten Betroffenen zuerst durch den Kopf, wenn sie die endgültige Diagnose Zöliakie erhalten. Keine Schlemmerorgien mehr in der Bäckerei, nie mehr Kuchen und Kekse, kein Brot, keine leckeren Brötchen, keine Pizza, nie wieder Essen gehen. Nur noch das fertig abgepackte Zeug, das nicht so schmeckt, wie es schmecken soll. Mit einem Mal ist das bisherige Leben vorbei.
Der letzte Satz stimmt nur bedingt. Das Leben ist nicht vorbei, es verändert sich nur. Man muss nicht zwangsläufig auf die geliebten Leckereien verzichten. Die meisten Backwaren kann man aus glutenfreien Zutaten wunderbar selber herstellen.
Aber auch im Handel gibt es mittlerweile sehr gute Ersatzprodukte und gefühlt kommen wöchentlich neue dazu. Die Liste an verfügbaren Ersatzprodukten wird täglich länger, deren Qualität verbessert sich stetig und sie kommen dem glutenhaltigen “Original” immer näher. Bei vielen Lebensmitteln und Backwaren merkt man mittlerweile keinen Unterschied mehr.
Trotzdem, von einigen Produkten sollten Betroffene die Finger lassen oder zumindest genau lesen, was die Inhaltsstoffe sind.
Die Allergenkennzeichnung von verpackten und unverpackten Lebensmitteln ist in den EU-Ländern verpflichtend. Das bedeutet, enthält ein Lebensmittel glutenhaltiges Getreide, dann muss es auch erwähnt werden. Somit gibt es kein verstecktes Gluten! Dies schließt leider Kontamination nicht aus.
Für Zöliakiebetroffene tabu sind:
Ebenso aus Weizen und Gerste gewonnen Produkte:
· Bulgur
· Couscous
· Gerstenmalz
· Gerstenmalzextrakt
· Seitan
· Weizeneiweiß
· Weizenkleber
· Weizenstärke (sofern nicht als glutenfrei deklariert)
Im normalen Kochalltag kann man leicht auf Gluten verzichten. Die in Deutschland häufigen Beilagen, Kartoffeln, Reis und unverarbeitetes Gemüse zum Beispiel, sind glutenfrei. Unverarbeitetes Fleisch ebenso.
Was bedeutet unverarbeitet? Im einfachsten Sinne: Alles, was keine Fertigprodukte sind und auch sonst in keiner Weise, wie zum Beispiel durch Mahlen, verarbeitet wurde. Da gilt es immer die Zutatenliste genau zu kontrollieren. Es gelten grundsätzlich immer nur die Zutaten auf den jeweiligen Verpackungen, da sich Rezepturen ständig ändern oder sich von Charge zu Charge unterscheiden können. Nicht selten stehen zwei Packungen des vermeintlich gleichen Produktes in einem Regal und haben dennoch unterschiedliche Zutaten. Also gilt: Aufmerksam lesen!
In der Zutatenliste müssen Allergene und Unverträglichkeiten auslösende Bestandteile aufgelistet werden. In der Regel werden diese Stoffe in Fettbuchstaben hervorgehoben. Die Inhaltsstoffe sind in der Zutatenliste nach ihrem Gewichtsanteil sortiert.
Die Hauptzutat, also die größte Menge, steht immer an erster Stelle, an letzter Stelle steht die Zutat mit der geringsten Menge. Zutaten, die aus mehreren Zutaten bestehen, müssen entsprechend aufgeschlüsselt werden. Zum Beispiel kann dann auf einer Zutatenliste stehen: Verdickungsmittel (Carrageen, Guarkernmehl). Wir wissen dann, es ist kein Weizenmehl drin! Das bedeutet, es gibt kein verstecktes Gluten! Ganz gleich, was einige selbsternannten Experten behaupten.
Im Übrigen sind Angaben von Internetseiten oder aus verschiedenen Apps absolut unzuverlässig, da Aktualisierungen oft spät oder gar nicht erfolgen. Die einzige Sicherheit bietet das genaue Lesen der Zutaten auf jeder einzelnen Verpackung und der Abgleich mit den verbotenen Zutaten, die oben aufgelistet sind.
Das hört sich umständlicher an als es in Wirklichkeit ist, doch nach sehr kurzer Zeit weiß man, was gut für einen ist und was nicht.
Warum ist bei manchen glutenfreien Zutaten dennoch Vorsicht geboten?
Wir haben nun gelernt, welche Zutaten glutenhaltig sind und von Zöliakiebetroffenen nicht gegessen werden dürfen. Ebenso wissen wir jetzt: „Steht nichts glutenhaltiges drauf, ist auch keins drin!“
Aber es gibt ein großes ABER, wo auch bei vermeintlich glutenfreien Produkten laut Zutatenliste Vorsicht geboten ist.
Unter den als glutenfrei geltenden Rohstoffen gibt es Zutaten, die aufgrund des erhöhten Kontaminationsrisikos durch den Anbau oder die Verarbeitung eine Gefahr für Zöliakiebetroffene darstellen. Als Beispiel wären hier Linsen und Buchweizen zu nennen. Sie sind an sich glutenfrei, benötigen aber beim Anbau eine Rankhilfe, oftmals Gerste. Bei der Ernte gelangen dann Gerstenkörner in die Verpackungen. Deshalb sollen Linsen und Buchweizen immer nur unverarbeitet gekauft und vor der Weiterverarbeitung verlesen werden. Nicht selten findet man mehrere Getreidekörner in einem Päckchen. Wird ein verarbeitetes Produkt mit Linsen oder Buchweizen gekauft, muss es glutenfrei zertifiziert sein.
Glutenfreie Pseudogetreide werden oftmals in denselben Getreidemühlen verarbeitet, in denen auch glutenhaltiges Getreide verarbeitet wird und werden dadurch beim Mahlen kontaminiert. Das gleiche gilt für Flocken oder (Mais-)Grieß. Aus diesem Grund müssen alle von Zöliakiebetroffenen verwendeten Mehle, Grieß und Flocken explizit als glutenfrei deklariert sein. Das gilt auch für Produkte, deren Hauptbestandteil ein verarbeitetes Pseudogetreide ist.
Beispiel: Erdnussflips haben den Hauptbestandteil Maisgrieß. Mais ist glutenfrei, wird aber im Verarbeitungsprozess kontaminiert und ist somit für Menschen mit Zöliakie nicht geeignet.
Bei folgenden Zutaten in einem Produkt gilt besondere Vorsicht:
Produkte mit verarbeiteten Linsen oder Buchweizen sollen immer als glutenfrei gekennzeichnet sein. Bei Produkten mit verarbeiteten Pseudogetreiden kommt es auf den Gewichtsanteil und die damit verbundene Konzentration der möglichen Kontamination an. In der Zutatenliste sind die Inhaltsstoffe absteigend nach ihrem Gewichtsanteil sortiert. Die Hauptzutat, also die größte Menge, steht immer an erster Stelle und an letzter Stelle steht die Zutat mit der geringsten Menge. Daraus kann man rechnerisch auf ein mögliches Risiko schließen.
Oftmals lässt sich der Anteil nur anhand der Reihenfolge in der Zutatenliste errechnen oder erahnen und die persönliche Risikoabwägung obliegt dann jedem einzelnen Betroffenen. Ist der Anteil sehr hoch, ist auf eine Kennzeichnung „glutenfrei“ zu achten.
Das ist doch glutenhaltig! Wieso darf ich das essen?
Ausnahmen bestätigen die Regel. Es gibt Lebensmittel, die trotz glutenhaltiger Inhaltstoffe als glutenfrei einzustufen sind oder als unbedenklich gelten. Das gilt für Produkte, deren Glutengehalt unter dem für Zöliakiebetroffene relevanten Grenzwert von 20 ppm liegt. Was bedeutet ppm? Das ist die englische Abkürzung für „parts per million“, also der millionste Teil einer Sache. In Zahlen sieht das so aus: 1/1.000.000 oder, wenn man es in Prozent ausdrücken möchte: 0,0001%. Dem entsprechend sind 20ppm 0,002%
Beispiele:
Bei allen oben genannten Produkten liegt der Glutengehalt laut Hersteller unter dem Grenzwert von 0,002%.
Reine Destillate, wie zum Beispiel Weizenkorn, sind immer glutenfrei, sofern keine weiteren Zutaten nachträglich zugefügt wurden.
Spurensatz
Noch ein Hinweis zum sogenannten Spurensatz. Das ist die Aussage, die nach der Zutatenliste kommt. Mit dem Satzzeichen Punkt endet die Zutatenliste. Oft liest man nach dem Punkt Aussagen wie: “kann Gluten enthalten”, “kann Spuren von Weizen enthalten” oder ähnliche Beschreibungen.
Im EU-Lebensmittelrecht gibt es keine bindenden Richtlinien wann, in welcher Form und ob dieser Satz auf einem Produkt stehen muss. Das bedeutet, ein Hersteller entscheidet selbst, ob es auf die Verpackung gedruckt wird oder nicht. Dadurch bekommt der Spurensatz keine Aussagekraft und wird bedeutungslos.
Ein Produkt mit dem Spurensatz auf der Verpackung sagt über die glutenfreie Sicherheit genau so viel aus wie eine Verpackung ohne den Spurensatz!
Aus diesem Grund ist es wichtig zu wissen, welche Lebensmittel eine erhöhte Kontaminationsgefahr beim Anbau oder bei der Verarbeitung haben und welche nicht. So kann man beim Einkaufen Fehler und damit spätere Enttäuschungen vermeiden.
Leitfaden zur sicheren Auswahl von Lebensmitteln:
Kontamination im eigenen Haushalt
Am einfachsten ist es, wenn der ganze Haushalt glutenfrei gehalten wird. Falls das nicht möglich oder nicht gewünscht ist, muss auf strenge Trennung gewisser Lebensmittel geachtet werden. Viele benutzen dann eine eigene Butter, eine eigene Marmelade etc.
Ob Mischhaushalt oder nicht, gewisse Dinge sollte man nach der Zöliakie Diagnose auf jeden Fall austauschen und ausschließlich für glutenfreie Lebensmittel nutzen. Dazu gehören:
So verringert man im eigenen Haushalt das Risiko einer Kontamination auf nahezu null.
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Quellen
https://www.eatbetter.de/glutenfreie-lebensmittel
https://www.zoeliakie-austausch.de/was-ist-gluten-und-wo-ist-es-enthalten/
https://www.landschafftleben.at/what-the-faq/gluten
https://www.dzg-online.de/was-ist-zoeliakie
https://www.daab.de/ernaehrung/darm-im-fokus/darmerkrankungen/zoeliakie/
https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/zoeliakie/was-ist-zoeliakie.html